Irritation

Sonntag, Mai 24, 2015

Was ist Irritation ?


Um vereinfacht mit einem Synonym zu beginnen: Irritation ist ein Reiz.
Ein Reiz auf den die Haut reagiert. Wie wir mit unseren Sinnen auf Reize reagieren, reagiert auch unsere Haut sehr verschieden auf diese Reize.

Nicht jede Haut reagiert gleich auf einen bestimmten Reiz
und
eine Haut reagiert nicht immer gleich auf verschieden Reize.

Im Gegensatz zur Korrosion sind die Schäden durch Irritation nicht irreparabel, jedoch ähnlich wie bei UV-Strahlung, ist das Maß schnell überschritten, wo die Haut nicht mehr in der Lage ist alle Schäden zu reparieren und dauerhaft neue Schäden zu irreparablen Schäden führen, wie z.B. zerstörtes Kollagen.



Neuropeptid-Reaktion


Falls Dir die trocken-fettige Haut bekannt vorkommt oder Du selber damit gerade zu kämpfen hast – es gibt eine gute Nachricht: Das ist kein Hauttyp.
Deine Haut ist fettig und fühlt sich trotzdem trocken und rau an ?

Die Chemikalien, die in diesem Fall für die Irritation sorgen, lösen eine Neuropeptid-Reaktion im Gehirn aus. Die Neuropeptide in unserem Gehirn regulieren unser Hormonsystem, wovon unsere Ölproduktion geregelt wird.
D.h. durch die Beschädigung der Barriere an der Hautoberfläche wird als Schutzmechanismus die Ölproduktion erhöht, um die Haut vor weiteren Einflüssen zu schützen. Gleichzeitig dehydriert (der TEWL steigt → Erklärung weiter unten) die Irritation die Haut so stark, dass bei wiederholter Irritation die Schutzmechanismen nicht reichen und das Hautbild der trocken-fettigen Haut entsteht.




Wirkungsweise Irritation


Wie irritierende Stoffe wirken ist bislang noch nicht gut genug durchforscht, wahrscheinlich aufgrund der Tatsache, dass die Stoffe wegen ihrer unterschiedlichen Eigenschaften wie ph-Wert, Molekülmasse, Penetrationsfähigkeit und anderen Faktoren, verschieden wirken. Häufig zeigte sich vor allem bei starker Irritation und häufig wiederholender schwacher Irritation, die Auslösung des proinflammatorischen Vermittlers interleukin-1 (IL-1) und des Nekrose auslösenden Faktor alpha (TNF-α) nach jeglicher Art von Barrierestörung, ob nun durch chemische oder mechanische Irritation ausgelöst.


Ganz grob wird die Hautirritation durch zwei verschiedene Faktoren ausgelöst.

Irritation kann durch Chemikalien hervorgerufen werden.

Irritation kann durch Mechanik hervorgerufen werden.




Chemische Irritation


Bei der chemischen Irritation, gelangen Moleküle in die Haut (500 DaltonRegel), die dort in der Interaktion mit den lebenden Zellen und dem Gewebe einen Reiz aussenden, auf den das Immunsystem mit einer Entzündung reagiert. Die Zellen und das Gewebe schalten in eine Art defensiven Modus und versuchen den Stoff zu entfernen. Diese defensive Phase kann sich durch eine Schwellung, Rötung, ein Hitzegefühl oder Schmerz bemerkbar machen. Abhängig von der Intensität der Verletzung, ist nicht jede ausgelöste Entzündung und somit auch nicht jede Irritation sicht- oder spürbar.
Stark irritierte Haut schuppt sich, im Nachhinein hätte ich das gut beobachten können, als ich noch der Meinung war, Pickel auszutrocknen wäre eine bewährte Methode.

Einige chemische irritierende Inhaltsstoffe entfetten und dehydrieren die äüßerste Hautschicht, wodurch weitere irritierende Stoffe einfacher in die Haut eindringen können, da die Hautbarriere geschwächt ist, und dort weiteren Schaden verursachen.



Mechanische Irritation


Mechanische Irritation verstärkt chemische Irritation und wird durch mechanische und/oder physikalische Kräfte ausgelöst, die das Gewebe der Haut beschädigen.
Wie diese Einflüsse und Kräfte das Gewebe angreifen ist nicht ganz eindeutig bis jetzt, weshalb verstärkt auf Messverfahren zurückgegriffen wird, die anhand der Verletzung des Gewebes die Irritation messen können.



Messverfahren


Es gibt verschieden Messverfahren, um die Irritation in der Haut zu messen.
Ich möchte nur kurz auf das Messverfahren durch den TEWL eingehen.
Der TEWL (Transepidermal water loss) ist der transepidermale Wasserverlust, also die Verdunstung von Feuchtigkeit durch unsere Haut.
Gesundes und intaktes Gewebe hat einen niedrigeren TEWL als geschädigtes und defektes Gewebe.

Der TEWL wird erhöht, da das Gewebe geschädigt und die oberste Hautschicht ausgedünnt wird, durch DNA Schäden und Beeinträchtigung ihrer Feuchtigkeitsbindenden Eigenschaften.

In den Messverfahren werden Hautzellen und Hautgewebe verschiedenen Irritationsquellen ausgesetzt und der TEWL im Vorher-Nachher-Vergleich gibt Auskunft über die Irritationsintensität.

Der TEWL-Test wird am häufigsten verwendet, da er in der Lage ist minimale Schäden zu indizieren.

In der mechanischen Irritation hat sich gezeigt, dass diese am stärksten durch Scherkräfte ausgelöst wird.
Stelle Dir eine schwere Holzplatte vor, auf der eine andere Holzplatte liegt. Die Platte ist so schwer, dass du sie nicht anheben kannst, sonder von der Platte runterschieben oder runterziehen musst. Die Kraft, die durch das Gewicht der oberen Platte im Zusammenhang mit der Reibung durch das runterziehen/schieben, auf die untere Platte wirkt, beschreibt die Scherkraft.

Die Scherkraft löst zwar eine stärkere Irritation aus als zum Beispiel Druck oder Stretching der Haut. Wenn wir unsere Haut reiben, spielen jedoch meist alle drei Faktoren zusammen.



Welche Irritationsquellen gibt es ?


  • Wasser
  • Umweltfaktoren wie Hitze und Kälte – insbesondere mit Wind
  • trockene Luft
  • Reibung
  • Säuren
  • Basen
  • Lösungsmittel/Alkohol
  • Tenside/SLS
  • Okklusion
  • Duftstoffe/Ätherische Öle
  • UV-Filter/Konservierungsstoffe
  • Sonnenstrahlung/UV-Strahlen
  • Stress



Intensität von Irritation


  • Länge des Kontaktes
  • Häufigkeit des Kontaktes
  • Zustand der Haut
  • Umweltfaktoren
  • Hautstelle
  • Stärke des Irritanten
  • Löslichkeit des Irritanten



Wasser


… weicht das Gewebe auf (Mazeration) und trockent aus bei langem Kontakt.
Ein höherer Calcium Gehalt führt zu einer erhöhten Irritation, aufgrund des höheren ph-Wertes und einem Einfluss auf die Ablagerung von Seife auf der Haut.

Die Temperatur spielt nur für die Irritation eine nenneswerte Rolle, da heißes Wasser nur minimal besser reinigt und, bei Verwendung von Tensiden, die Irritation allerdings stark anhebt.
Die ideale Temperatur zum Waschen der Hände liegt bei ca. 32° C.
Zwischen 20 und 40° C sollte kein Risiko für Hautschäden bestehen. Ab 40° werden die Hornlamellen beschädigt und die Hautbarriere beeinflusst. Zu kaltes Wasser schädigt unserer Haut ebenso wie zu heißes Wasser.



Hitze und Kälte


Die Tempereatur der Luft beeinflusst unsere Haut direkt durch Konvektion, d.h. die Teilchen aus der Luft übertragen ihre (Wärme)energie in unsere Haut, und indirekt durch Thermoregulation, wie die Körpertemperatur durch die Umgebungstemperatur beeinflusst wird.
Bei Kälte verliert die oberste Hautschicht Kapazitäten um die Feuchtigkeit in der Haut zu halten und trocknet aus. Trockene Haut ist anfälliger für weitere Schäden der Kälte wodurch die Schäden auf Dauer größere Ausmaße annehmen.
Häufiges Baden und Tenside verstärken den Effekt drastisch.

Hitze hingegen hat ebenso negative Auswirkungen auf unsere Haut und ich spreche nicht von Verbrennungen an der Haut. Das Zusammenspiel von Hitze und Infrarotstrahlung zeigte Gefäßneubildungen und zellulär entzündliche Infiltrationen (Unterwanderungen), die die extrazelluläre Matrix beschädigen, indem das Enzym metalloproteinase indiziert wird und Proteine verändert werden.



trockene Luft


Hier entsteht die Irritation nicht durch den Kontakt sondern durch das Fehlen von Kontakt mit Wasserdampf, da die Haut so ausgetrocknet wird.
Wenn die Haut rissig wird, kann dies bis zu einem Erythem führen.
Ab einer relativen Luftfeuchtigkeit von 10% oder weniger beginnt die oberste Hautschicht zu spannen und spröde zu werden. Das Zusammenspiel von niedriger Luftfeuchtigkeit, hoher Temperatur und Luft, die es eilig hat, dehydriert die oberste Hautschicht, welche unsere wichtigste Hautbarriere darstellt. Folgen daraus sind Juckreiz und geringe Ekzeme.



Reibung


Die Irritation wird durch den Abrieb der Zellen ausgelöst, wie unter anderem bei
Peeling mit Körnern oder rauen Handtüchern.
Die alltägliche Reibung der, ist normalerweise harmlos, exzessives Reiben führt jedoch zu verschiedenen Änderungen in der Haut.
Periodisches oder wiederholendes Reiben mit leichtem Druck führt zur Verdickung (Lichenification) der Haut, allerdings nicht im positiven Sinne wie bei chemischen Peelings sondern eher wie eine Schwellung während abrupte Reibung Blasen unter der Haut auslösen kann.
Die Intensität und der Effekt der Verletzungen ist abhängig von der Luftfeuchtigkeit, Schweiß, Alter, Geschlecht, Ernährungszustand, weiteren Infektionen, den Genen und der Abstammung.



Säuren


Im Sinne von Säuren, die uns als chemische Peelings oder z.B. Vitamin C in frei verkäuflichen Produkten.
Wer mit jeglichen Säuren auf seiner Haut rumexperimentiert und sich über Hautveränderungen wundert, suche sich bitte einen Arzt.
Die Irritation, durch Säuren in den Produkten, ist abhängig von den oben gennanten Faktoren und z.B. der Molekülmasse, dem Vehicle (der Form/Lösung/Konsistenz, mir ist noch kein gescheites deutsches Wort dafür eingefallen) und Penetrationsfähigkeit.
Im richtigen Umgang mit Säuren überwiegen die positiven Auswirkungen auf die Haut deutlich.
Bei einem pH-Wert < 2 steigt die Wahrscheinlichkeit für einen „chemical burn“ drastisch an, der an der Haut korrosive Schäden verursacht.



Basen


Der Säureschutzmantel der Haut, wessen Natürlichkeit und Wirksamkeit bestritten wird, hält ein leicht Saures Milieu zum Schutz gegen Krankheitserreger.
Stark basische Stoffe zerstören den Säureschutzmantel und machen die Haut somit anfälliger für weitere Irritation.

Seifenstücke sind ein bekanntes Beispiel für basische Produkte
Seife und Emulgatoren können Hie haut entfetten (anfälliger für weitere Irritation), das Keratin denaturieren und dehydrieren. Das kann zu Trockenheit, Schuppung Rissen und eventuell zu einem Ekzem führen.
„Chemical burn“, d.h. irreparable Schäden sind ab pH-Wert 9 und höher zu erwarten.



Lösungsmittel/Alkohol


Das Lösungsmittel eines Produktes kann ebenfalls eine Quelle für Irritation darstellen. Im Falle von Alcohol Denat., welcher gerne mal als Lösungsmittel verwendet wird, reichen die Schäden ab 2 – 3 %iger Konzentration über Irritation hinaus und lösen Korrosionen aus, die Nekrosen auslösen, d.h. Hautzellen werden irreparabel geschädigt und sterben.



Tenside/SLS


Tenside sind Substanzen die hauptsächlich für ihre waschaktiven Eigenschaften verwendet werden. Es gibt viele verschieden Tenside und so unterschiedlich fällt auch die Irritation aus.
Aus Problemen zur Messung von Irritation wurde SLS (Sodium Lauryl Sulfate) als Vergleichswert herbeigezogen, da es auf jeder getesten Haut eine Reaktion auslöste, welches eindeutig für ein sehr starkes Reizpotential spricht.
SLES (sodium Laureth Sulfate) ist mittlerweile das in der Körperpflege am meisten verwendete Tensid, nachdem SLS von vielen Firmen aus den Produkten entfernt wurde. Ein paar Firmen setzten allerdings immer noch auf SLS.

Aus eigener Erfahrung schreibe ich scharfen Tensiden ein hohes Risiko für Irritation zu, da die Konzentrationen häufig 30% überschreiten und, obwohl der Hautkontakt durchs wieder Abwaschen nur kurz anhält, die Folgen der Neuropeptid-Reaktion bei mir deutlich zu sehen sind, schon nach einmaliger Verwendung.



Okklusion


Okklusion hat neben der wunderbaren Wirkungsweise den TEWL niedrig zu halten auch eine Schattenseite: Irritationspotential.

Sollte unter einer (sehr) okklusiven Creme ein Hitzegefühl entstehen ist das ein Anzeichen von Irritation.
Als Faustregel: Okklusion verstärkt weitere Irritationspotentiale. (z.B. Duftstoffe wirken verstärkt irritierend, wenn sie unter einer okklusiven Schicht eingeschlossen werden)
Auch wird die Irritation verstärkt wenn auf mechanische Reizung Okklusion folgt.

Handschuhe sind auch eine Form von Okklusion für die Haut, besonders Latexhandschuhe bilden eine Irritationsquelle, bei täglicher Benutzung von mehr als 2 Stunden.



Duftstoffe / ätherische Öle


Es gibt tatsächlich Duftstoffe, die keine Neuropeptid-Reaktion auslösen und die Haut nicht irritieren. In den Produkten müssen allerdings nur Duftstoffe gekennzeichnet werden, die häufig für allergene Reaktion der Auslöser sind. Die anderen Duftstoffe werden unter Parfum bzw. Fragrance zusammengefasst.

Ätherische Öle sind noch einmal ganz speziell, da diese Gemische ein ungewisses Potential besitzen. Manche Ätherische Öle sind nicht nur voll von Duftstoffen, sondern unter anderem auch mit schlechtem Alkohol oder anderen irritierenden Inhaltsstoffen angereichert.



UV-Filter / Konservierungsstoffe


Sowohl UV-Filter, als auch Konservierungsstoffe können irritierend sein, welche es aber Wert sind an anderer Stelle einzeln genauer betrachtet zu werden.



Sonnenstrahlung/ UV-Strahlung (Solarium)


Die UV-Strahlen, insbesondere UV-A-Strahlung, dringen tief in unsere Haut ein und zerstören dort die Gewebefasern worunter auf Dauer das ganze Gewebe leidet.
Über das Thema habe ich hier schon genauer geschrieben.



Stress


Auswirkungen der ausgeschütteten Hormone auf die Immunzellen der Haut, bewirken Beeinträchtigungen bei der Heilung und Barrierefähigkeit der Haut.



Die 2 Formen der nicht-klinisch-behandelnden Irritation

Subjektive / Sensorische Irritation


… ist durch ein unangenehmes Gefühl charakterisiert wie z.B. einem Prickeln, Brennen, Stechen oder Juckreiz und ohne sichtbare Veränderungen der Haut → topisch aufgetragene Mittel sind der häufigste Auslöser.



Nicht-erythematöse Irritation


… unterscheidit sich nur geringfügig von subjektiver Irritation. Die Symptome sind meistens dieselben und eine sichtbare Hautveränderung liegt ebenfalls nicht vor. Der Unterschied liegt in der Art der Entzündung.





Die Krankheit Contact Irritant Dermatitis, ausgelöst durch …


Akute Irritation entsteht schon durch kurze Einwirkzeit durch einen stark irritierenden Stoff.
oder

Chronische Irritation entsteht durch minimale Irritationen, denen die Haut immer wieder ausgesetzt wird.




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2 Kommentare:

  1. Wow, ein wirklich toller Post den ich leider erst jetzt entdeckt habe. Eine tolle Übersicht zu verschiedenen Quellen der Irritation vollgepackt mit echt gutem Wissen. Danke!
    Lieben Gruß, Anna

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