Irritation
Was
ist Irritation ?
Um vereinfacht
mit einem Synonym zu beginnen: Irritation ist ein Reiz.
Ein Reiz auf den
die Haut reagiert. Wie wir mit unseren Sinnen auf Reize reagieren,
reagiert auch unsere Haut sehr verschieden auf diese Reize.
Nicht jede
Haut reagiert gleich auf einen bestimmten Reiz
und
eine Haut
reagiert nicht immer gleich auf verschieden Reize.
Im Gegensatz zur
Korrosion sind die Schäden durch Irritation nicht irreparabel,
jedoch ähnlich wie bei UV-Strahlung, ist das Maß schnell
überschritten, wo die Haut nicht mehr in der Lage ist alle Schäden
zu reparieren und dauerhaft neue Schäden zu irreparablen Schäden
führen, wie z.B. zerstörtes Kollagen.
Neuropeptid-Reaktion
Falls Dir die
trocken-fettige Haut bekannt vorkommt oder Du selber damit gerade zu
kämpfen hast – es gibt eine gute Nachricht: Das ist kein Hauttyp.
Deine Haut ist
fettig und fühlt sich trotzdem trocken und rau an ?
Die Chemikalien,
die in diesem Fall für die Irritation sorgen, lösen eine
Neuropeptid-Reaktion im Gehirn aus. Die Neuropeptide in unserem
Gehirn regulieren unser Hormonsystem, wovon unsere Ölproduktion
geregelt wird.
D.h. durch die
Beschädigung der Barriere an der Hautoberfläche wird als
Schutzmechanismus die Ölproduktion erhöht, um die Haut vor weiteren
Einflüssen zu schützen. Gleichzeitig dehydriert (der TEWL steigt →
Erklärung weiter unten) die Irritation die Haut so stark, dass bei
wiederholter Irritation die Schutzmechanismen nicht reichen und das
Hautbild der trocken-fettigen Haut entsteht.
Wirkungsweise Irritation
Wie irritierende Stoffe wirken ist bislang noch nicht gut genug
durchforscht, wahrscheinlich aufgrund der Tatsache, dass die Stoffe
wegen ihrer unterschiedlichen Eigenschaften wie ph-Wert,
Molekülmasse, Penetrationsfähigkeit und anderen Faktoren,
verschieden wirken. Häufig zeigte sich vor allem bei starker
Irritation und häufig wiederholender schwacher Irritation, die
Auslösung des proinflammatorischen Vermittlers interleukin-1 (IL-1)
und des Nekrose auslösenden Faktor alpha (TNF-α) nach jeglicher Art
von Barrierestörung, ob nun durch chemische oder mechanische
Irritation ausgelöst.
Ganz grob wird
die Hautirritation durch zwei verschiedene Faktoren ausgelöst.
Irritation
kann durch Chemikalien hervorgerufen werden.
Irritation
kann durch Mechanik hervorgerufen werden.
Chemische
Irritation
Bei der
chemischen Irritation, gelangen Moleküle in die Haut (500 DaltonRegel), die dort in der Interaktion mit den lebenden Zellen und dem
Gewebe einen Reiz aussenden, auf den das Immunsystem mit einer
Entzündung reagiert. Die Zellen und das Gewebe schalten in eine Art
defensiven Modus und versuchen den Stoff zu entfernen. Diese
defensive Phase kann sich durch eine Schwellung, Rötung, ein
Hitzegefühl oder Schmerz bemerkbar machen. Abhängig von der
Intensität der Verletzung, ist nicht jede ausgelöste Entzündung
und somit auch nicht jede Irritation sicht- oder spürbar.
Stark irritierte
Haut schuppt sich, im Nachhinein hätte ich das gut beobachten
können, als ich noch der Meinung war, Pickel auszutrocknen wäre
eine bewährte Methode.
Einige chemische
irritierende Inhaltsstoffe entfetten und dehydrieren die äüßerste
Hautschicht, wodurch weitere irritierende Stoffe einfacher in die
Haut eindringen können, da die Hautbarriere geschwächt ist, und
dort weiteren Schaden verursachen.
Mechanische
Irritation
Mechanische
Irritation verstärkt chemische Irritation und wird durch mechanische
und/oder physikalische Kräfte ausgelöst, die das Gewebe der Haut
beschädigen.
Wie diese
Einflüsse und Kräfte das Gewebe angreifen ist nicht ganz eindeutig
bis jetzt, weshalb verstärkt auf Messverfahren zurückgegriffen
wird, die anhand der Verletzung des Gewebes die Irritation messen
können.
Messverfahren
Es gibt
verschieden Messverfahren, um die Irritation in der Haut zu messen.
Ich möchte nur
kurz auf das Messverfahren durch den TEWL eingehen.
Der TEWL
(Transepidermal water loss) ist der transepidermale Wasserverlust,
also die Verdunstung von Feuchtigkeit durch unsere Haut.
Gesundes und
intaktes Gewebe hat einen niedrigeren TEWL als geschädigtes und
defektes Gewebe.
Der TEWL wird
erhöht, da das Gewebe geschädigt und die oberste Hautschicht
ausgedünnt wird, durch DNA Schäden und Beeinträchtigung ihrer
Feuchtigkeitsbindenden Eigenschaften.
In den
Messverfahren werden Hautzellen und Hautgewebe verschiedenen
Irritationsquellen ausgesetzt und der TEWL im
Vorher-Nachher-Vergleich gibt Auskunft über die
Irritationsintensität.
Der TEWL-Test
wird am häufigsten verwendet, da er in der Lage ist minimale Schäden
zu indizieren.
In der
mechanischen Irritation hat sich gezeigt, dass diese am stärksten
durch Scherkräfte ausgelöst wird.
Stelle Dir eine
schwere Holzplatte vor, auf der eine andere Holzplatte liegt. Die
Platte ist so schwer, dass du sie nicht anheben kannst, sonder von
der Platte runterschieben oder runterziehen musst. Die Kraft, die
durch das Gewicht der oberen Platte im Zusammenhang mit der Reibung
durch das runterziehen/schieben, auf die untere Platte wirkt,
beschreibt die Scherkraft.
Die Scherkraft
löst zwar eine stärkere Irritation aus als zum Beispiel Druck oder
Stretching der Haut. Wenn wir unsere Haut reiben, spielen jedoch
meist alle drei Faktoren zusammen.
Welche
Irritationsquellen gibt es ?
- Wasser
- Umweltfaktoren wie Hitze und Kälte – insbesondere mit Wind
- trockene Luft
- Reibung
- Säuren
- Basen
- Lösungsmittel/Alkohol
- Tenside/SLS
- Okklusion
- Duftstoffe/Ätherische Öle
- UV-Filter/Konservierungsstoffe
- Sonnenstrahlung/UV-Strahlen
- Stress
Intensität
von Irritation
- Länge des Kontaktes
- Häufigkeit des Kontaktes
- Zustand der Haut
- Umweltfaktoren
- Hautstelle
- Stärke des Irritanten
- Löslichkeit des Irritanten
Wasser
… weicht das
Gewebe auf (Mazeration) und trockent aus bei langem Kontakt.
Ein höherer
Calcium Gehalt führt zu einer erhöhten Irritation, aufgrund des
höheren ph-Wertes und einem Einfluss auf die Ablagerung von Seife
auf der Haut.
Die Temperatur
spielt nur für die Irritation eine nenneswerte Rolle, da heißes
Wasser nur minimal besser reinigt und, bei Verwendung von Tensiden,
die Irritation allerdings stark anhebt.
Die ideale
Temperatur zum Waschen der Hände liegt bei ca. 32° C.
Zwischen 20 und
40° C sollte kein Risiko für Hautschäden bestehen. Ab 40° werden
die Hornlamellen beschädigt und die Hautbarriere beeinflusst. Zu
kaltes Wasser schädigt unserer Haut ebenso wie zu heißes Wasser.
Hitze
und Kälte
Die Tempereatur
der Luft beeinflusst unsere Haut direkt durch Konvektion, d.h. die
Teilchen aus der Luft übertragen ihre (Wärme)energie in unsere
Haut, und indirekt durch Thermoregulation, wie die Körpertemperatur
durch die Umgebungstemperatur beeinflusst wird.
Bei Kälte
verliert die oberste Hautschicht Kapazitäten um die Feuchtigkeit in
der Haut zu halten und trocknet aus. Trockene Haut ist anfälliger
für weitere Schäden der Kälte wodurch die Schäden auf Dauer
größere Ausmaße annehmen.
Häufiges Baden
und Tenside verstärken den Effekt drastisch.
Hitze hingegen
hat ebenso negative Auswirkungen auf unsere Haut und ich spreche
nicht von Verbrennungen an der Haut. Das Zusammenspiel von Hitze und
Infrarotstrahlung zeigte Gefäßneubildungen und zellulär
entzündliche Infiltrationen (Unterwanderungen), die die
extrazelluläre Matrix beschädigen, indem das Enzym
metalloproteinase
indiziert
wird und Proteine verändert werden.
trockene
Luft
Hier entsteht die
Irritation nicht durch den Kontakt sondern durch das Fehlen von
Kontakt mit Wasserdampf, da die Haut so ausgetrocknet wird.
Wenn die Haut
rissig wird, kann dies bis zu einem Erythem führen.
Ab einer
relativen Luftfeuchtigkeit von 10% oder weniger beginnt die oberste
Hautschicht zu spannen und spröde zu werden. Das Zusammenspiel von
niedriger Luftfeuchtigkeit, hoher Temperatur und Luft, die es eilig
hat, dehydriert die oberste Hautschicht, welche unsere wichtigste
Hautbarriere darstellt. Folgen daraus sind Juckreiz und geringe
Ekzeme.
Reibung
Die
Irritation wird durch den Abrieb der Zellen ausgelöst, wie unter
anderem bei
Peeling
mit Körnern oder rauen Handtüchern.
Die
alltägliche Reibung der, ist normalerweise harmlos, exzessives
Reiben führt jedoch zu verschiedenen Änderungen in der Haut.
Periodisches
oder wiederholendes Reiben mit leichtem Druck führt zur Verdickung
(Lichenification) der Haut, allerdings nicht im positiven Sinne wie
bei chemischen Peelings sondern eher wie eine Schwellung während
abrupte Reibung Blasen unter der Haut auslösen kann.
Die
Intensität und der Effekt der Verletzungen ist abhängig von der
Luftfeuchtigkeit, Schweiß, Alter, Geschlecht, Ernährungszustand,
weiteren Infektionen, den Genen und der Abstammung.
Säuren
Im Sinne von
Säuren, die uns als chemische Peelings oder z.B. Vitamin C in frei
verkäuflichen Produkten.
Wer mit jeglichen
Säuren auf seiner Haut rumexperimentiert und sich über
Hautveränderungen wundert, suche sich bitte einen Arzt.
Die Irritation,
durch Säuren in den Produkten, ist abhängig von den oben gennanten
Faktoren und z.B. der Molekülmasse, dem Vehicle (der
Form/Lösung/Konsistenz, mir ist noch kein gescheites deutsches Wort
dafür eingefallen) und Penetrationsfähigkeit.
Im richtigen
Umgang mit Säuren überwiegen die positiven Auswirkungen auf die
Haut deutlich.
Bei einem pH-Wert
< 2 steigt die Wahrscheinlichkeit für einen „chemical burn“
drastisch an, der an der Haut korrosive Schäden verursacht.
Basen
Der
Säureschutzmantel der Haut, wessen Natürlichkeit und Wirksamkeit
bestritten wird, hält ein leicht Saures Milieu zum Schutz gegen
Krankheitserreger.
Stark basische
Stoffe zerstören den Säureschutzmantel und machen die Haut somit
anfälliger für weitere Irritation.
Seifenstücke
sind ein bekanntes Beispiel für basische Produkte
Seife und
Emulgatoren können Hie haut entfetten (anfälliger für weitere
Irritation), das Keratin denaturieren und dehydrieren. Das kann zu
Trockenheit, Schuppung Rissen und eventuell zu einem Ekzem führen.
„Chemical
burn“, d.h. irreparable Schäden sind ab pH-Wert 9 und höher zu
erwarten.
Lösungsmittel/Alkohol
Das Lösungsmittel
eines Produktes kann ebenfalls eine Quelle für Irritation
darstellen. Im Falle von Alcohol Denat., welcher gerne mal als
Lösungsmittel verwendet wird, reichen die Schäden ab 2 – 3 %iger
Konzentration über Irritation hinaus und lösen Korrosionen aus, die
Nekrosen auslösen, d.h. Hautzellen werden irreparabel geschädigt
und sterben.
Tenside/SLS
Tenside sind
Substanzen die hauptsächlich für ihre waschaktiven Eigenschaften
verwendet werden. Es gibt viele verschieden Tenside und so
unterschiedlich fällt auch die Irritation aus.
Aus Problemen zur
Messung von Irritation wurde SLS (Sodium Lauryl Sulfate) als
Vergleichswert herbeigezogen, da es auf jeder getesten Haut eine
Reaktion auslöste, welches eindeutig für ein sehr starkes
Reizpotential spricht.
SLES (sodium
Laureth Sulfate) ist mittlerweile das in der Körperpflege am meisten
verwendete Tensid, nachdem SLS von vielen Firmen aus den Produkten
entfernt wurde. Ein paar Firmen setzten allerdings immer noch auf
SLS.
Aus eigener
Erfahrung schreibe ich scharfen Tensiden ein hohes Risiko für
Irritation zu, da die Konzentrationen häufig 30% überschreiten und,
obwohl der Hautkontakt durchs wieder Abwaschen nur kurz anhält, die
Folgen der Neuropeptid-Reaktion bei mir deutlich zu sehen sind, schon
nach einmaliger Verwendung.
Okklusion
Okklusion hat
neben der wunderbaren Wirkungsweise den TEWL niedrig zu halten auch
eine Schattenseite: Irritationspotential.
Sollte unter
einer (sehr) okklusiven Creme ein Hitzegefühl entstehen ist das ein
Anzeichen von Irritation.
Als Faustregel:
Okklusion verstärkt weitere Irritationspotentiale. (z.B. Duftstoffe
wirken verstärkt irritierend, wenn sie unter einer okklusiven
Schicht eingeschlossen werden)
Auch wird die
Irritation verstärkt wenn auf mechanische Reizung Okklusion folgt.
Handschuhe sind
auch eine Form von Okklusion für die Haut, besonders Latexhandschuhe
bilden eine Irritationsquelle, bei täglicher Benutzung von mehr als
2 Stunden.
Duftstoffe
/ ätherische Öle
Es gibt
tatsächlich Duftstoffe, die keine Neuropeptid-Reaktion auslösen und
die Haut nicht irritieren. In den Produkten müssen allerdings nur
Duftstoffe gekennzeichnet werden, die häufig für allergene Reaktion
der Auslöser sind. Die anderen Duftstoffe werden unter Parfum bzw.
Fragrance zusammengefasst.
Ätherische Öle
sind noch einmal ganz speziell, da diese Gemische ein ungewisses
Potential besitzen. Manche Ätherische Öle sind nicht nur voll von
Duftstoffen, sondern unter anderem auch mit schlechtem Alkohol oder
anderen irritierenden Inhaltsstoffen angereichert.
UV-Filter
/ Konservierungsstoffe
Sowohl UV-Filter,
als auch Konservierungsstoffe können irritierend sein, welche es
aber Wert sind an anderer Stelle einzeln genauer betrachtet zu
werden.
Sonnenstrahlung/
UV-Strahlung (Solarium)
Die UV-Strahlen,
insbesondere UV-A-Strahlung, dringen tief in unsere Haut ein und
zerstören dort die Gewebefasern worunter auf Dauer das ganze Gewebe
leidet.
Über das Thema
habe ich hier schon genauer geschrieben.
Stress
Auswirkungen der
ausgeschütteten Hormone auf die Immunzellen der Haut, bewirken
Beeinträchtigungen bei der Heilung und Barrierefähigkeit der Haut.
Die
2 Formen der nicht-klinisch-behandelnden Irritation
Subjektive
/ Sensorische Irritation
… ist durch ein
unangenehmes Gefühl charakterisiert wie z.B. einem Prickeln,
Brennen, Stechen oder Juckreiz und ohne sichtbare Veränderungen der
Haut → topisch aufgetragene Mittel sind der häufigste Auslöser.
Nicht-erythematöse
Irritation
… unterscheidit
sich nur geringfügig von subjektiver Irritation. Die Symptome sind
meistens dieselben und eine sichtbare Hautveränderung liegt
ebenfalls nicht vor. Der Unterschied liegt in der Art der Entzündung.
Die
Krankheit Contact Irritant Dermatitis, ausgelöst durch …
Akute
Irritation entsteht schon durch kurze Einwirkzeit durch einen
stark irritierenden Stoff.
oder
Chronische
Irritation entsteht durch minimale Irritationen, denen die
Haut immer wieder ausgesetzt wird.
Wow, ein wirklich toller Post den ich leider erst jetzt entdeckt habe. Eine tolle Übersicht zu verschiedenen Quellen der Irritation vollgepackt mit echt gutem Wissen. Danke!
AntwortenLöschenLieben Gruß, Anna
Danke, er ist ja zum Glück noch da :)
Löschen